Täterstrategien
Missbrauch beginnt in der Regel mit besonderer Zuwendung des Täters zum Kind. Durch Geschenke, durch Aufmerksamkeit und Bevorzugung baut er Nähe und eine intensive Beziehung auf. Das Kind und auch das Umfeld entwickeln Vertrauen zu der Person, und es ist für das Kind und für Außenstehende nicht erkennbar, dass sich ein Missbrauch anbahnt.
Unter dem Schutz dieses Vertrauens kann sich der Täter dem Kind immer mehr nähern. In „Testritualen“ testet er die Widerstandskraft des Kindes. Er tarnt erste sexuelle Grenzverletzungen als Spiel, Hilfestellung (beim Sport), zufällige Berührung oder testet das Kind durch verbale Anzüglichkeiten.
Wehrt sich ein Kind z.B. durch Protest oder Kontaktabbruch, so ist es aus Sicht des Täters möglicherweise kein „geeignetes Opfer“, und er sucht sich ein „leichteres Opfer“. Das Verhalten des Kindes KANN mögliche Übergriffe verhindern, MUSS aber nicht. Die Verantwortung liegt immer beim Täter!
Täter wählen oft gezielt Kinder aus, die Defizite in Bezug auf Zuwendung, Zärtlichkeit, Sicherheit oder Anerkennung haben und deshalb besonders verletzlich sind.
Missbrauch ist nur selten eine einmalige Tat, fast immer eine Wiederholungstat. Im Verlauf des Missbrauchs steigert der Täter die Intensität der sexuellen Übergriffe immer mehr.
Um ihr Tun geheim zu halten, gehen Täter sehr geschickt vor. Sie reden dem Kind z.B. ein, der Missbrauch sei völlig normal, das Kind habe doch auch Spaß daran, es habe selbst eingewilligt, das Kind hätte schuld weil es den Täter verführt hätte, etc. So vernebelt und zerstört der Täter die Wahrnehmung des Kindes und erzeugt bei ihm Schuld- und Schamgefühle.
Täter vernebeln auch ganz gezielt die Wahrnehmung der Umwelt. Sie sind z.B. oft sehr darauf bedacht, ein positives Bild von sich aufzubauen. Einer Person, die hohes Ansehen ihrem Umfeld genießt, würde niemand zutrauen, dass sie ein Kind missbrauchen könnte.
Eine andere Strategie ist, dass Täter den Tölpel spielen, dem niemand etwas Böses zutrauen würde, der aber „gut mit Kindern umgehen kann“.
Häufig freunden sich Täter mit den Eltern ihres Opfers an, manche suchen sogar gezielt nach alleinerziehenden Müttern, um eine Beziehung mit ihnen zu beginnen.
Missbraucher bringen ihre Opfer oft mit massiven Drohungen dazu, dass sie sich aus Angst dem Missbrauch fügen und nicht darüber sprechen. „Dir wird sowieso niemand glauben.“ „Wenn du etwas erzählst, kommen deine Eltern ins Gefängnis und du ins Heim.“ „Ich werde deine Katze töten, wenn du etwas erzählst.“ „Wenn andere etwas davon erfahren, kommst du ins Gefängnis.“ Auf diese oder ähnliche Weise werden die Kinder zum Schweigen gebracht.